Interview

Interview mit @littlePawBlog (2016)


Chinesischer Streifenhamster, was ist das?


Ich durfte die Zucht Chinesische Streifenhamster vom Märchenwald befragen, aber lest nun selber.


Was ist an Chinesen besonders?


Der chinesische Streifenhamster unterscheidet sich sowohl vom äußerlichen Erscheinungsbild als auch im Verhalten grundlegend von den anderen Zwerghamsterarten in der Heimtierhaltung, den sogenannten Phodopus – Arten. Man hat den Eindruck, es handele sich hierbei weniger um einen plüschigen Zwerghamster als um eine wuselige Maus. Sie haben Flankendrüsen und baden nicht auf dem Rücken im Sand, um ihr Fell zu pflegen. Die Augen sind groß, rund und stehen etwas heraus, man kann erahnen, dass sie in freier Wildbahn mit Hilfe dieses hervorragend weiten Blickfeldes außerordentlich auf der Hut sein müssen. Dies spiegelt sich ebenfalls im Verhalten wieder. Ein Chinese agiert weitaus instinktiver als andere Zwerghamsterarten. Sie erschrecken und flüchten binnen einem Bruchteil einer Sekunde, sind aber auch sehr neugierig und schnell wieder da. Auf Grund ihres 2 cm langen Schwanzes, welcher als Gleichgewichtssinn dient, sind sie gute Kletterer, wenn auch nicht ganz so gut wie eine Maus. In freier Natur leben sie ca 1,5 m unter der Erdoberfläche und wohnen dort in selbst gebauten, komplexen Gangsystemen. Zur Futtersuche verlassen sie ihren Bau. Dies kann man auch in der Heimtierhaltung gut beobachten. Ein Streifenhamster wird niemals an der Oberfläche schlafen, wenn ihm genügend Streu zur Verfügung steht und er schätzt es, überall in seine Unterwelt abtauchen zu können, sollte (in seinen Augen) Gefahr lauern. Von unseren Kurzschwanz – Zwerghamstern, welche in der Natur zum Beispiel auch oft bereits vorhandene verlassene Bauten bewohnen und in der Heimtierhaltung daher oft nur einen Gang zur Schlafkammer, wenn überhaupt graben, kennen wir ein solches Verhalten eher nicht. Im Gegensatz zu teilweise verbreiteter Meinung, der Streifenhamster sei grundsätzlich ein sehr scheues Tier, wird er tatsächlich sogar oft zahm. In der Natur wurde der Streifenhamster auch in der Nähe des Menschen gesichtet, wie zum Beispiel in Ställen und in Häusern auf Nahrungssuche. Er ist allerdings ähnlich wie der Goldhamster streng dämmerungsaktiv und daher weniger für Kinder als Haustier geeignet. Wichtig ist, diese so besondere Zwerghamsterart als Beobachtungstier zu schätzen und dem Tier mit Ruhe und Geduld zu begegnen. Trainiert man mit seinem Streifenhamster den Kontakt zum Menschen Tag für Tag, wird daraus eine einzigartige Bindung entstehen. Schlussendlich wird der Chinese tendenziell sogar älter als alle anderen Hamster in Heimtierhaltung, allerdings ist dies bisher übertragenes Wissen und ich halte Streifenhamster noch nicht so viele Jahre in höherer Anzahl, um dies mit deutlicher Sicherheit bestätigen zu können.


Wodurch kommen diese "Sitzsäcke"?


Da kann ich leider nur spekulieren. Ein naheliegender Gedanke ist der, dass kurzlebige Beutetiere eine hohe Reproduktionsrate haben und dadurch viele Spermien produzieren müssten. Allerdings trifft dies auf andere Zwerghamster auch zu. Eine Vermutung, die beide Theorien gegenseitig stützen würde, wäre folgende: Wenn die Weibchen einer Tierart viele verschiedene Partner zur Paarung suchen, ist der Konkurrenzdruck beim Männchen entsprechend hoch. Dieser muss dann eben viele Spermien produzieren, was wieder für eine solitäre Lebensweise des Streifenhamsters sprechen würde und gegen eine monogame Partnerschaft oder gar einen Familienverband, wie bei anderen Zwerghamsterarten üblich. Eventuell hat es auf die Weibchen in der Natur auch eine anziehende Wirkung und hilft dementsprechend bei der Partnerwahl. Nicht deckungsbereite Weibchen sind übrigens außerordentlich aggressiv und würden das Männchen ohne Probleme töten. Aber wie gesagt – wir befinden uns im Bereich (meiner) Spekulationen. ;)


Was ist an der Haltung besonders?


Dadurch, dass Streifenhamster sowohl eine hohe Einstreutiefe (mindestens 25 cm, gerne aber sehr viel mehr) benötigen, als auch gerne klettern (Rebenholzwurzeln, Korkröhren, -äste, -tunnel), ist eine Gehegehöhe von mindestens 60 cm unabdingbar. Man kann ihnen gut helfen, indem man Tunnel, Keramikverstecke und Ähnliches auch unter der Streu versteckt, dieses wird in das selbst zu bauende Gangsystem integriert. Ein Mehrkammernhaus ist daher nicht notwendig, der Streifenhamster würde dies nicht nutzen. Er bevorzugt seine eigene Schlafkammer, weit unter der Oberfläche. Aufgrund ihrer hohen Instinktivität sind außerdem viele Verstecke oberhalb ratsam. Mit viel Heu und Wurzeln im Wechsel, wird es schnell wie ein kleiner Urwald aussehen und dem Streifenhamster sehr behagen. Als Denkstütze lässt sich sagen: je unstrukturierter das Gehege für das Menschenauge, desto besser für den Streifler.


Diabetes, ist das möglich?


Ja, es ist möglich und auch relativ simpel erklärbar, da auch der Cricetulus Griseus aus Gebieten mit eher kargem Nahrungsangebot stammt. Allerdings scheint dies weit weniger verbreitet, als bei Campbell Zwerghamstern und Hybriden, ich persönlich hatte jedenfalls bisher weder selbst einen Fall, noch von einem gehört.


Gibt es extra Futter?


Aus diesem Grunde gibt es extra für diabetesgefährdete Zwerghamster geeignetes Futter. Man findet sie in einigen Onlineshops, wie zum Beispiel der Futterkrämerei, Nagerküche, Mixerama oder dem Futterparadies. Das Zoofachgeschäft bietet im Moment leider noch kein artgerechtes Futter an.


Weswegen die Chinesen Zucht?


Ich bin 2010 auf den Hamster bekommen und direkt in die Gruppenhaltung von artreinen Campbell Zwerghamstern gerutscht. Mit dieser Thematik beschäftige ich mich also seit nunmehr 6 Jahren sehr intensiv und fungierte in dieser Zeit oft als Schnittstelle zwischen Züchter und Abnehmer. Ich wurde in dieser Zeit auf den chinesischen Streifenhamster aufmerksam und stand vor der gleichen Problematik, wie wahrscheinlich viele Interessierte auch – kein seriöser Züchter weit und breit, auch eine Reise nach Holland war aus damaligen Gesichtspunkten noch ziemlich ernüchternd und brachte mich zu keinem Ergebnis. Einen Zooladenkauf möchte man nicht rechtfertigen, aber der Wunsch blieb doch. Anfang 2015 bin ich dann doch noch durch Zufall auf eine vernünftige Zucht gestoßen und bin so zu meiner ersten Streiflerdame Alice gekommen. Leider stellte auch diese, wie so viele andere, die Zucht ein. Ebenfalls in 2015 fing ich an, mit vielen ehemaligen Zuchten Rücksprache zu halten, um herauszufinden, wo die größten Problematiken sitzen. Ich fing tatsächlich an, zu verstehen, warum es keine Zuchten gibt...zu schwierig sei die Beschaffung der Zuchttiere, der Chinese an sich ist darüber hinaus schon sehr aufwändig zu halten, die Verpaarungen sind ebenfalls sehr kompliziert, es finden sich zu wenig wirklich an der Art interessierte Abnehmer usw. Der Gedanke ließ mich dennoch nicht los und obwohl ich in 2015 keine relevanten Kontakte und keinen guten, wirklich ausführlichen Informationsaustausch (auch auf genetischer Basis) finden konnte, schaute ich mich Anfang 2016 in verschiedensten internationalen Gruppen um, recherchierte sehr lange und wurde in England, Finnland, Dänemark und Holland fündig. Hier war man mir gegenüber und meinem Anliegen, den Streifenhamster als Haustier in Deutschland bekannter zu machen und eine artgerechte Zucht aufzubauen und zu vertreten, sehr offen und hilfsbereit. Ich sehe mich absolut als Alternative zum Zoofachgeschäft und das ist auch der Hauptgrund für meine Zucht, denn ich stehe dem Thema Zucht sonst auch sehr zwiegespalten gegenüber und rate gerne dazu, sich erst im Tierschutz nach einem kleinen Mitbewohner umzuschauen. Aber leider (– oder Gott sei Dank!?) sieht man eben auch im Tierschutz selten einen Streifenhamster sitzen und dann sind Anhänger dieser besonderen Zwerghamsterart natürlich ratlos.


Arterhaltung oder Verbesserung der Gesundheit für die Heimtierpopulation als Gründe aufzuführen, wäre an dieser Stelle schlichtweg geflunkert. Die Art ist, genauso wenig wie andere Zwerghamsterarten, nicht vom Aussterben bedroht und der Streifenhamster ist dadurch, dass er farblich recht unspektakulär ist und insgesamt recht schwierig zu züchten, von einer rasanten Farbzucht und Vermehrerei weitestgehend verschont geblieben, weswegen er noch keine schwerwiegenden gesundheitlichen Problematiken mit sich bringt. Natürlich wird in jeder verantwortungsvollen Zucht, bei gesundheitlichen Problemen selektiert, damit dies auch so bleibt und sich gar nicht erst ausbreitet. Daher trägt man als Züchter auch große Verantwortung.


Woher kommen die Zuchttiere?


Meine Zuchttiere stammen größtenteils aus dem Ausland von Züchtern, die sicherlich nie unsere Haltungsbedingungen erfüllen würden, aber wenigstens in genetischer Hinsicht wissen, was sie tun. Darauf habe ich bei meiner Auswahl den Fokus gelegt, denn nach deutschem Standard seriöse Zuchten gab es schlichtweg einfach nicht. Ich bin in rein genetischer Hinsicht jetzt und auch für 2017 recht gut aufgestellt und kann mich in Ruhe auf meine unterschiedlichen Linien und eventuell nötige Selektionen konzentrieren und daraus neue Erkenntnisse ziehen.


Wildfang beim Chinesen?


Wozu? Das ist so gut wie unmöglich, Nordchina ist da sehr eigen, was übrigens auch Grund für die kargen Erkenntnisse über diese Tierart ist. Außerdem sehe ich keine Notwendigkeit – wir haben beim chinesischen Streifenhamster in der Heimtierhaltung noch nicht viel „aufzuräumen“, das ist ja das Schöne. Erst dann machen Projekte mit Wildfangnachzuchten (für die man selten bis nie einen Nachweis erhält) einen Sinn.


Ist die Gruppenhaltung möglich?


Nein. Es gibt Erzählungen von friedlich zusammen lebenden Geschwisterpaaren, allerdings vermute ich hier eher eine Zwangssymbiose auf Grund der noch nicht so fortschrittlichen Haltungsbedingungen als eine natürliche Partnerschaft. Die Verhaltensweisen beider Geschlechter lassen außerdem eine solitäre Lebensweise vermuten. In meinem ersten Wurf begann ein Weibchen bereits mit 3 Wochen die Mutter so stark zu attackieren, dass eine Bisswunde am Hinterteil zurückblieb. Geschwister untereinander beginnen ab 4 Wochen mit ernsthaften Streitigkeiten, in Ausnahmefällen geht es länger friedlich zu. In Verpaarungen, wo das Weibchen nicht „heiss“ ist, attackiert das Männchen, wenn es älter / stärker ist, in anderem Fall das Weibchen, dabei können die Männchen regelrecht kastriert werden. Sie werden im Ausland umgangssprachlich „schwarze Witwen“ genannt. Reagiert man deshalb innerhalb der Verpaarungen nicht sekundenschnell, kann das ernsthafte Auswirkungen für die Tiere haben.


Gibt es sonst noch ein paar grundlegende Informationen die wichtig sind?


Ich denke, das Wichtigste ist zusammen gefasst. Sollte man sich für diese besondere Tierart entscheiden, ist es ratsam, sich noch einmal eingehender mit der Haltung des Tieres zu beschäftigen. Da die Beschaffung von zuverlässigen Informationen im Netz aber sehr rar ist, habe ich versucht, alles rund um den Streifenhamster auf meiner Homepage zu erläutern.


Möchtest du noch was sagen?


Ja! Chinesische Streifenhamster sind einzigartige und absolut zauberhafte Tiere – aber bitte gruselt euch doch nicht vor den Hoden! Bisher mussten tatsächlich viele ehemalige Zuchten aufhören, weil die Buben nicht zu vermitteln waren. Sie sind wohl für viele Liebhaber optisch nicht ästhetisch genug. Das finde ich sehr schade und als Nicht – Futtertierzucht steht man langfristig vor diesem „Problem“, das eigentlich gar keines sein muss. Und noch etwas: Für Menschen die „irgendeinen“ Hamster suchen, ist der Streifenhamster eventuell auf Grund seiner Andersartigkeit nicht das Richtige, wohl aber für die meisten langjährigen Halter, die sich von selbiger verzaubern lassen und die Herausforderung in der Haltung schätzen.


So nun noch immer nicht genug?

Dann schaut mal hier 🤓.


www.streifenhamsterzucht.de